NIS-2-Richtlinie und kommunale IT: Eine Analyse der Umsetzungsproblematik
Die Einführung der NIS-2-Richtlinie durch die Europäische Union markiert einen bedeutenden Schritt zur Stärkung der Cybersicherheit innerhalb der Mitgliedsstaaten. Während die Richtlinie darauf abzielt, das Sicherheitsniveau in verschiedenen Sektoren zu erhöhen, geraten Informationssicherheitsbeauftragte (ISBs) auf kommunaler Ebene in eine schwierige Lage. Obwohl Kommunen weder zur Umsetzung der NIS-2-Richtlinie noch zur Einhaltung der KRITIS-Anforderungen verpflichtet sind, müssen sie nun aufgrund der Anbindung ihrer Waffenbehörden an das nationale Schengener Informationssystem (N.SIS) höchste Sicherheitsstandards erfüllen. Diese Situation stellt die ISBs vor erhebliche Herausforderungen, die durch Entscheidungen des IT-Planungsrats der Länder noch verstärkt werden.
Die NIS-2-Richtlinie
Weitere Informationen zur NIS-2-Richtlinie sind im offiziellen EU-Dokument "Richtlinie über Maßnahmen für ein hohes gemeinsames Cybersicherheitsniveau in der gesamten Union" zu finden.
NIS-2-Richtlinie und kommunale IT
Im November 2023 hat der IT-Planungsrat eine Empfehlung ausgesprochen, die erhebliche Auswirkungen auf die kommunale IT hat. In seinem Beschluss bat er Bund und Länder, von der Möglichkeit keinen Gebrauch zu machen, den Anwendungsbereich der NIS-2-Richtlinie auf Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung auf lokaler Ebene und Bildungseinrichtungen auszudehnen. Zudem wurde ein einheitliches Vorgehen unter den Ländern angestrebt – entweder setzen alle die NIS-2-Richtlinie um oder keiner.
Ein bemerkenswertes Detail dieses Beschlusses betrifft die Schaffung von Regelungen außerhalb der NIS-2-Richtlinie auf Ebene des jeweiligen Landesrechts für lokale öffentliche Verwaltungen und Bildungseinrichtungen, sofern dies gewünscht ist. Diese Vorgehensweise wurde auch in einem Artikel von Heise Online thematisiert.

NIS-2-Umsetzung in der Landesverwaltung Rheinland-Pfalz
Entscheidungen fallen Kommunen auf die Füße
Diese Vorfälle zeigen, dass die Entscheidung gegen eine umfassende Umsetzung der NIS-2-Richtlinie die Verwundbarkeit der kommunalen IT erhöht und potenzielle Risiken für die öffentliche Sicherheit birgt.
Der Fall der Waffenbehörden der Kreise
Die Anbindung an das N.SIS erfordert einen IT-Schutzbedarf der Kategorie "sehr hoch". Dieser hohe Schutzbedarf übersteigt die Standardabsicherung des IT-Grundschutzes des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), der in der Regel nur einen Schutzbedarf von "normal" bis "hoch" abdeckt. Um den Schutzbedarf "sehr hoch" zu erfüllen, sind zusätzliche Risikoanalysen und erweiterte Sicherheitsmaßnahmen notwendig.
Verwaltungen und NIS-2-Konflikte
Das Bundeskriminalamt (BKA), das die nationale N.SIS-Stelle betreibt, fordert von den beteiligten Behörden eine Zusammenarbeitsvereinbarung. Diese Vereinbarung beinhaltet die Verpflichtung zur Einhaltung hoher IT-Sicherheitsstandards oder eine entsprechende Eigenerklärung. Für die ISBs bedeutet dies eine erhebliche Verantwortung, da sie die Einhaltung dieser Standards sicherstellen müssen, ohne dass sie über die notwendigen Mittel oder klaren Richtlinien verfügen.
Die Herausforderungen für Informationssicherheitsbeauftragte


Notwendigkeit einer ganzheitlichen Strategie
Die Schaffung verbindlicher Mindeststandards und die Bereitstellung finanzieller Mittel für die Umsetzung sind zentrale Schritte in diese Richtung. Zudem sollte der Erfahrungsaustausch zwischen den Kommunen gefördert und gemeinsame Lösungen entwickelt werden.
Die Informationssicherheitsbeauftragten der Kommunen befinden sich in einer schwierigen Position zwischen hohen Sicherheitsanforderungen und mangelnden Ressourcen. Die Entscheidung, die NIS-2-Richtlinie nicht auf kommunaler Ebene umzusetzen, entbindet die Kommunen nicht von der Verantwortung, angemessene Sicherheitsstandards einzuhalten. Im Gegenteil: Durch spezifische Anforderungen wie die Anbindung an das N.SIS werden die Herausforderungen noch verstärkt.
Handlungsempfehlungen und Ausblick
Für Informationssicherheitsbeauftragte und IT-Mitarbeiter:
- Sensibilisierung und Schulung: Initiieren Sie regelmäßige Schulungen für Mitarbeiter aller Ebenen, um das Bewusstsein für Cybersicherheitsrisiken zu erhöhen. Ein informierter Mitarbeiterstamm ist die erste Verteidigungslinie gegen viele Bedrohungen.
- Ressourcenbündelung: Suchen Sie die Zusammenarbeit mit benachbarten Kommunen oder regionalen Netzwerken, um Ressourcen und Fachwissen zu teilen. Gemeinsame Projekte können den finanziellen und personellen Aufwand reduzieren.
- Einsatz bewährter Praktiken: Nutzen Sie vorhandene Leitfäden und Standards, beispielsweise vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), um Ihre Sicherheitsmaßnahmen zu strukturieren und zu verbessern.
- Priorisierung von Risiken: Führen Sie eine Risikoanalyse durch, um die kritischsten Bereiche zu identifizieren und konzentrieren Sie Ihre begrenzten Ressourcen auf diese Schlüsselbereiche.
Für Führungskräfte und Entscheidungsträger:
- Strategische Planung: Entwickeln Sie eine langfristige Strategie für die IT-Sicherheit Ihrer Kommune. Setzen Sie klare Ziele und Meilensteine, um Fortschritte messbar zu machen.
- Investition in Ressourcen: Erkennen Sie die Bedeutung von IT-Sicherheit als Bestandteil der kritischen Infrastruktur Ihrer Kommune an und stellen Sie angemessene finanzielle und personelle Ressourcen bereit.
- Lobbyarbeit: Treten Sie mit Landes- und Bundesbehörden in Dialog, um auf die spezifischen Herausforderungen der Kommunen aufmerksam zu machen und Unterstützung einzufordern.
- Kooperation fördern: Unterstützen Sie Initiativen zur interkommunalen Zusammenarbeit und fördern Sie den Austausch von Best Practices und Erfahrungen.
Gemeinsame Anstrengungen:
- Kommunikation verbessern: Offene Kommunikationskanäle zwischen Mitarbeitern und Führungsebene sind entscheidend. Sorgen Sie dafür, dass Anliegen und Vorschläge der ISBs Gehör finden und in Entscheidungsprozesse einfließen.
- Flexibilität bewahren: Bleiben Sie offen für innovative Lösungen und neue Technologien, die die IT-Sicherheit verbessern können, auch wenn sie anfänglich ungewohnt erscheinen mögen.
- Notfallpläne entwickeln: Erarbeiten Sie klare Handlungspläne für den Fall von Sicherheitsvorfällen, um im Ernstfall schnell und effektiv reagieren zu können.
Schlusswort
Indem wir die vorhandenen Ressourcen effizient nutzen, Kooperationen eingehen und kontinuierlich lernen, können wir die Sicherheitsstandards erhöhen und die Kommunen widerstandsfähiger gegen Cyberbedrohungen machen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um die Weichen für eine sichere und zukunftsfähige kommunale IT zu stellen.

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